Beim Sargbau-Kurs wird über Leben und Tod gesprochen

"SCHWIERIGE KISTE"

In seiner offenen Werkstatt im schwäbischen Bobingen bietet der Schreinermeister Fred Theiner eher ungewöhnliche Handwerkskurse an: Unter dem Titel „Schwierige Kiste“ bauen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihm Särge. Dabei geht es dem 64-Jährigen um mehr als um das Handwerkliche: In seinen Kursen können sich Menschen mit dem Thema Tod auseinandersetzen und die eigene Trauer verarbeiten. Die Idee dazu kam Theiner, nachdem bei ihm Krebs diagnostiziert wurde, Lebenserwartung: Drei Monate.

Der 64-jährige Schreinermeister fand über Umwege seine Erfüllung in den Sargbau-Kursen. (Foto: Fred Theiner)
Der 64-jährige Schreinermeister fand über Umwege seine Erfüllung in den Sargbau-Kursen. (Foto: Fred Theiner)

Das war vor 20 Jahren, aber nachdem Fred Theiner den Krebs besiegt hatte, war für ihn klar: „Ich kann nicht wieder in mein altes Leben zurück!“ Der damalige Berufsschullehrer sucht Entschleunigung und fährt fortan regelmäßig nach Südtirol, wo er auf einem Bergbauernhof zunächst als Hilfsarbeiter arbeitet und in der hofeigenen Schreinerei schließlich die Liebe zur handwerklichen Arbeit wiederentdeckt. Theiner verarbeitet die eigene Konfrontation mit dem Tod und lernt, dass es die einfachen Dinge sind, die das Leben lebenswert machen.

In Theiners offener Werkstatt bauen Kursteilnehmer ihren eigenen Sarg. Am beliebtesten sind schlichte naturnahe Modelle aus Massivholz. (Foto: Fred Theiner)
In Theiners offener Werkstatt bauen Kursteilnehmer ihren eigenen Sarg. Am beliebtesten sind schlichte naturnahe Modelle aus Massivholz. (Foto: Fred Theiner)

Der Zufall führt ihn dann zum Sargbau. Theiner erfährt von einem Sargbau-Kurs in Berlin, telefoniert mit dem Anbieter und ihm wird klar: „Das will ich auch machen.“ Noch auf dem Bergbauernhof gibt er seinen ersten Kurs, in dem er sich auch einen eigenen Sarg baut, und findet seine Erfüllung. Zurück in Deutschland mietet er eine Tischler-Werkstatt und bietet fortan eigene Kurse an. Diese verlaufen dabei nach einem festen Schema. Theiner arbeitet nur mit kleinen Gruppen, um für alle da zu sein. Am Abend vorher gibt es zudem eine Gesprächsrunde, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer offen darüber sprechen, warum sie den Kurs besuchen und wie der Sarg aussehen soll. Begleitet wird das Gespräch von seiner Partnerin, einer ordinierten Pastorin. „Zu mir kommen ganz unterschiedliche Menschen. Es gibt die Oma, die einen Sarg haben möchte, damit sich ihre Enkel schon mal daran gewöhnen können, den Manager mit Burnout oder die Enkel, die auf Wunsch des Opas einen Sarg für ihn bauen. Ich hatte sogar schon den Probst einer Abtei in meinem Kurs.“, berichtet der Schreinermeister. „Aber natürlich gibt es auch die Familien, die einen schweren Verlust verarbeiten wollen.“ Manchen Angehörigen werden Theiners Kurse sogar vom Bestatter empfohlen.

 

Der eigentliche Sargbau dauert zwischen zwei und drei Tagen. „Das ist die Regel, aber Trauernde bekommen von mir natürlich so viel Zeit, wie sie brauchen.“, erzählt Theiner. Schließlich geht es ihm nicht um das Fertigwerden, sondern darum, dass sich die Kursteilnehmer währenddessen mit Trauer und Tod, aber auch dem Leben auseinandersetzen. „In unserem Leben gibt es eigentlich nur eine Gewissheit: Den Tod. Alles davor ist ein großes Geschenk!“, so der Schreinermeister.

 

Die Kosten variieren je nach Material und Dauer. In der Regel kostet ein zweitägiger Kurs inklusive Material 850 Euro. Zur Anwendung kommen dabei nur lokale Massivhölzer, überwiegend Fichte, Eiche und Zirbe. Auf Zusatzstoffe, Lacke und Öle wird zudem komplett verzichtet. Die fertigen Kisten bekommen bei den Teilnehmern übrigens schon zu Lebzeiten einen festen Platz: „Während die Oma den Sarg beispielsweise als Sitzbank in der Küche nutzt, dient er dem Probst als Lebensschrank für kostbare Erinnerungsstücke.“, erzählt Fred Theiner begeistert.