Besondere Andenken: Von der Haut an die Wand

Weltweit erfreuen sich Tätowierungen großer Beliebtheit. Einer repräsentativen Umfrage des Statistikportals Statista zufolge sind Tattoos auch in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Demnach waren 2017 rund ein Viertel der Deutschen tätowiert. Doch was passiert eigentlich mit der Köperkunst, wenn ihre Träger sterben? In Deutschland wird sie natürlich mit ihren Trägern bestattet. Viel zu schade, dachten sich zwei Bestatter in den USA und hatten die Idee, Tätowierungen über den Tod ihrer Träger hinaus zu retten. Mit ihrem Unternehmen Save My Ink Forever (zu Deutsch: Speicher meine Tinte auf ewig) konservieren Kyle und Michael Sherwood nun seit mehr als zwei Jahren die Tattoos Verstorbener, rahmen sie ein und erhalten diese so für die Angehörigen.

Kyle und Michael Sherwood konservieren in den USA die Tattoos Verstorbener (Foto: Save My Ink Forever)

 Soll die Tätowierung eines Verstorbenen gerettet werden, nimmt dessen Familie Kontakt zu Save My Ink Forever auf. Die Sherwoods setzen sich dann mit dem verantwortlichen Bestatter in Verbindung und erklären ihm, wie er die Haut mit dem Motiv entfernen soll und schicken ihm ein spezielles Entfernungsset per Post zu. Nachdem der Bestatter die Haut, in die die Tinte eingebracht wurde, entfernt hat, packt er diese in trockenes Konservierungsmittel und schickt sie per Post an die Sherwoods, die sich dann um die langfristige Konservierung kümmern. Der Konservierungsprozess dauert drei bis vier Monate. Danach wird das entfernte Kunstwerk ist einen maßgefertigten Bilderrahmen eingesetzt, der zum Schutz der Tätowierung mit UV-beschichtetem Glas ausgestattet ist. Das fertige Erinnerungsstück geht dann per Post zurück an die Hinterbliebenen.

 

So wie Trauertattoos in unserer heutigen Gesellschaft zur Trauerbewältigung dazugehören, sind die konservierten Kunstwerke für Vater und Sohn ebenfalls ein Teil moderner Gedenkkultur. Beide wollen mit ihrer Arbeit Angehörigen dabei helfen, sich besser an ihre Lieben zu erinnern. Aber könnte eine derartige Dienstleistung auch in Deutschland angeboten werden? Eher unwahrscheinlich, sagt Christoph Keldenich, Jurist und Vorsitzender der Verbraucherinitiative Aeternitas. „Letztlich handelt es sich bei dem Entfernen einer Tätowierung um einen körperlichen Eingriff, der bei Verstorbenen grundsätzlich unterbleiben sollte, sofern er nicht erforderlich ist.“, führt Keldenich aus und erklärt weiter: „Die Bestattungspflicht in Deutschland sieht vor, dass Leichen grundsätzlich vollkommen zu bestatten sind und nicht nur Teile von ihnen. Das Entfernen von Hautarealen vom Körper des Verstorbenen liefe dieser Vorgabe daher zuwider.“ Des Weiteren schützt der Paragraf 168 StGB ausdrücklich auch Teile des Körpers – diese dürfen nicht ohne Erlaubnis des Totensorgeberechtigten entnommen werden. Und läge eine Erlaubnis vor, wäre die Bestattungspflicht im Hinblick auf die Vollständigkeit des Verstorbenen dennoch verletzt, schließt Keldenich das Gedankenexperiment ab.