Pressekonferenz mit dem Bestattungsrechtler Prof. Dr. Dr. Tade Spranger

Einführung der Meisterpflicht im Bestattungsgewerbe

Presse-Konferenz mit Professor Dr. Dr. Tade Spranger
vom 2. Juli 2019 bei der HWK Frankfurt

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD wurde u. a. die Wiedereinführung der Meisterpflicht beschlossen, soweit sie von den Gewerken gewünscht und andererseits mit dem Europa- und Verfassungsrecht vereinbar ist. Während es bei der aktuellen Diskussion vor allem um die Gewerke geht, die im Rahmen der Handwerksnovelle 2003 aus dem Katalog der zulassungspflichtigen Handwerke gestrichen wurden, hat auch das Bestattungsgewerbe nun seine Forderung auf Einführung einer Meisterpflicht gestellt. Hierzu muss man wissen, dass es bislang im Bestattungsgewerbe keinerlei Zulassungsvoraussetzungen gab, so dass die Aus- und Weiterbildung, bis hin zum Bestattermeister, bislang ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgte.

Im Bestattungsgewerbe ist man jedoch mehrheitlich davon überzeugt, die Voraussetzungen für eine Einführung der Meisterpflicht zu erfüllen. Hierzu hat der Fachverband Leben Raum Gestaltung Hessen / Rheinland-Pfalz, gemeinsam mit der Bundesfachgruppe Bestatter, dem Bundesverband Deutscher Bestatter e.V. sowie dem Verband Deutscher Bestattungsunternehmen e.V., die zusammen 15 von 16 Landesinnungsverbänden des Bestattungsgewerbes sowie rund 95 % der Bestattungsunternehmen repräsentieren, eine gutachterliche Stellungnahme durch einen der führenden deutschen Bestattungsrechtler, Herrn Prof. Dr. Dr. Tade Spranger in Auftrag gegeben, die am Dienstag, dem 2. Juli 2019, offiziell der Presse vorgestellt wurde. 

Gastgeber war die Handwerkskammer Frankfurt, so dass Patricia C. Borna, Pressesprecherin und Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing der HWK Frankfurt, die Presse-Konferenz mit einer Begrüßung der Anwesenden eröffnete und dann das Wort an Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, übergab.

Ehinger begann damit, dass man sich schon seit Jahren für die Rückvermeisterung engagiert und dazu auch ein Büro in Brüssel betreibt, um sich europaweit für das Handwerk einzusetzen. Ehinger bemängelte, dass sich zwar die Zahl der Handwerksbetriebe verdreifacht hat, viele davon allerdings nur 1-Mann-Betriebe sind, oft ohne Ausbildung und ohne weitere Mitarbeiter und dass es gerade die Qualität der Aus- und Weiterbildung war, die dafür gesorgt hat, dass Deutschland wohl weltweit die geringste Arbeitslosigkeit und in vielen Bereichen den höchsten Standard hat.

Hermann Hubing, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes Leben Raum Gestaltung Hessen / Rheinland-Pfalz, wies im Anschluss darauf hin, dass es bei den Bestattern keine Rückvermeisterung gibt, da es in diesem Bereich nie eine Meisterpflicht gab und sich im Prinzip jeder Bestatter nennen und ein eigenes Unternehmen aufmachen kann, der keinen negativen Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis und 50 Euro in der Tasche hat, um ein Gewerbe anzumelden. Dazu machte Hubing deutlich, welche fatalen Auswirkungen das letztendlich haben kann, denn während man in den meisten Gewerken einen Fehler wieder korrigieren, austauschen oder nachbessern kann, ist das bei einer Bestattung so gut wie unmöglich. Welche Auswirkungen das auf die Angehörigen haben kann, lässt sich gar nicht ermessen. Daher müssen sich Betroffene, die mit der Situation vielleicht nicht umzugehen wissen oder schlichtweg überfordert sind, darauf verlassen können, dass sie die komplette Abwicklung, vom Abholen der Verstorbenen bis zur Bestattung, einem entsprechend qualifizierten Bestatter anvertrauen können.

Professor Dr. Dr. Tade Spranger, der auf 25 Jahre Erfahrung im Bestattungsrecht zurückblicken kann, ergänzte die Ausführungen Hubings mit einigen Negativbeispielen, die verdeutlichen, was bei einer Bestattung so alles schieflaufen kann und welche Folgen das dann für die Angehörigen hat. So gibt es 16 verschiedene Friedhofs- und Bestattungsgesetze, die je nach Bundesland, oftmals sogar schon auf lokaler Ebene, völlig unterschiedlich ausfallen. Demzufolge muss ein Bestatter auch über den Tellerrand hinausschauen und wissen, welche Gesetze und Regelungen eventuell in Nachbargemeinden oder Kommunen gelten. Spranger erzählte aus seinen Erfahrungen, dass es weit mehr Fehlbestattungen gibt, als man glauben mag und gerade die Zuwanderung von Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Glaubensrichtungen die Bestatter ständig vor neue Herausforderungen stellt, die ohne entsprechende Ausbildung gar nicht zu bewältigen ist.

„Es geht um Menschen, die in der Situation, dass ein Partner oder ein Familienmitglied stirbt, sehr verletzlich, mitunter hilflos und überfordert sind“, sagt Spranger „und die mitunter über einen langen Zeitraum traumatisiert sein können, wenn bei einer Bestattung etwas schief läuft. Der Mensch vertraut dem Bestatter und verlässt sich darauf, dass dieser alles wunschgemäß und zugleich ordnungsgemäß durchführen wird, also auch entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen.“ Ein weiteres Problem ist, dass Angehörige nicht wissen und kaum nachprüfen können, welche der in Rechnung gestellten Leistungen vom Bestatter tatsächlich erbracht wurden.

Spranger erwähnte, dass Europa immer einen genauen Blick darauf wirft, was in Deutschland an Gesetzen verabschiedet wird, dass es jedoch genug Freiraum gibt, zum Beispiel, wenn es um Gesundheit und Verbraucherschutz geht, eigene Gesetze zu erlassen, wobei die Meisterpflicht problemlos mit dem europäischem Recht vereinbar ist und mit diesem nicht im Konflikt steht.

Christoph Keldenich, Vorsitzender der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V. konnte viele Argumente und Informationen von Ehinger, Hubing und Spranger nur bestätigen, zumal er in seinem Alltag immer wieder erlebt, dass einige Bestatter oft schon überfordert sind, wenn es um Gesetze, Richtlinien sowie zulässige oder nicht zulässige Formen der Bestattung geht. So kommt es nicht selten vor, dass Bestatter verkehrte Auskünfte geben, sich in vielen Bereichen nicht auskennen und nicht in der Lage sind den Kunden bzw. die Trauernden richtig zu beraten. Dazu arbeiten viele Bestatter mit Subunternehmen und müssen somit auch gewährleisten, dass alle Dienstleistungen so ausgeführt werden, wie sie bestellt und bezahlt wurden und dabei entsprechende Qualitätsstandards sowie die jeweils gültigen, gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Da dies oft nicht der Fall ist, ergibt sich auch daraus die dringende Notwendigkeit einer Meisterpflicht bzw. entsprechender Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Selbst kaum vorstellbare Szenarien, dass der Verstorbene plötzlich im falschen Sarg aufgebahrt wird, im verkehrten Grab beigesetzt oder in einer Form bestattet wird, die der Verstorbene oder dessen Angehörige, z.B. aus ethnischen Gründen oder aufgrund ihres Glaubens, nie gewählt hätten, sind schon vorgekommen, erzählte Keldenich. Er kann noch viele weitere Beispiele aufzählen, in Bezug auf die Verfehlungen und Kuriositäten im Bereich der Bestattungen, vor denen man die Betroffenen nur schützen kann, wenn sich eben nicht jeder Bestatter nennen darf, der keine geeignete Ausbildung und Qualifikation vorweisen kann.

Nach diesem Einblick in die Thematik und die Hintergründe für die Notwendigkeit, die Meisterpflicht für Bestatter einzuführen, wurden nun auch die Fragen der Pressevertreter beantwortet.

Hubing beantwortete die Frage, wie viele Ausbildungsplätze es in diesem Bereich gibt, mit 150 Auszubildenden bundesweit, pro Jahr, und ca. 40 Meisterprüfungen. Er ergänzte, aufgrund weiterer Fragen, dass es derzeit wohl 4 Schulen in Deutschland gibt, die eine Ausbildung zum Bestattermeister anbieten und dass alle genug Kapazitäten hätten bzw. diese problemlos ausweiten könnten, wenn es zu einer Meisterpflicht für Bestatter kommt. Zudem wies er darauf hin, dass Tischler nur eine kleine Zusatzausbildung benötigen, um auch als Bestatter tätig werden zu können, es aber doch nicht sein kann, dass der Tischler eine Ausbildung und entsprechende Kenntnisse nachweisen muss, während für Bestatter der Nachweis grundlegender Kenntnisse und Qualifikationen nicht nötig ist. Vor allem wenn Krankheiten im Spiel sind, der Verstorbene eine ansteckende Krankheit hatte oder bei der Frage, wie man mit Totgeburten umgeht, sollten Bestatter schon entsprechende Fachkenntnisse besitzen bzw. entsprechend ausgebildet und darauf vorbereitet sein.

Hubing kritisiert, dass es zum Teil dubiose Angebote im Bereich der Bestattungen gibt, die in dieser Form gar nicht rechtens sind. Da werden zum Beispiel Seebestattungen angeboten, obwohl die Anbieter nicht die Voraussetzungen dafür erfüllen. Selbst einen falschen Kapitän und illegale Seebestattungen hat es schon gegeben, erzählte Hubing, und erklärte, dass es Seebestattungen bei uns in Deutschland nur an Nord- und Ostsee gibt.

Spranger ergänzte, dass sogar schon Leichen mit dem Gesicht nach unten in einem Sarg lagen oder bei Leichen, die aus dem Krankenhaus abgeholt wurden, sogar noch das ganze Brimborium von der medizinischen Versorgung, inklusive künstlicher Ausgänge und Zugänge vorhanden war.

Die Frage, ob die Reduzierung auf die Gefahrgeneigtheit noch ausreicht, um die Notwendigkeit einer Meisterpflicht zu rechtfertigen, beantwortete Spranger damit, dass immer die Gefahr besteht, durch gravierende Fehler bei der Bestattung, eine Traumatisierung bei den Angehörigen hervorzurufen. Das kann viele Jahre anhalten, Depressionen zur Folge haben und Menschen komplett aus der Bahn werfen. Juristisch bezeichnet man das als Eingriff in die psychische Intimität, die als Körperverletzung ausgelegt werden kann.

Spranger beantwortete die Frage, warum man jetzt so auf die Meisterpflicht und die Ausbildung für Bestatter drängt, während es die letzten 40 Jahre auch ohne ging, recht salopp mit „Es wäre schön gewesen, wenn wir das schon früher gehabt hätten.“.

Hubing erklärte, dass man sich schon seit vielen Jahren damit befasse, es jedoch politisch nie eine Möglichkeit gab das einzufordern. Erst die geplante Wiedereinführung der Meisterpflicht in einigen Gewerken, die jetzt von der Koalition beschlossen wurde, eröffnet die Möglichkeit, dass auch die Meisterpflicht für Bestatter in den geplanten Gesetzentwürfen miteinbezogen wird. Die Anhörungen dazu sind bereits gelaufen und waren durchaus vielversprechend. Die 1. und 2. Lesung dazu folgen im Herbst dieses Jahres.

Dazu haben die eingangs erwähnten Verbände, die den größten Teil der Bestatter vertreten, längst die Möglichkeit etabliert, auf freiwilliger Basis eine entsprechende Ausbildung zu machen und den Meisterbrief als Bestatter zu erwerben, erklärte Hubing. Auch die Frage, ob der Fachkräftemangel für die Bestatter zum Problem werden könnte, beantwortete Hubing in der Form, dass man sich im Bestattungsgewerbe darum keine Sorgen machen muss.

Weiterhin erklärte Hubing, dass es bei Bestattungen auch um Trauerbewältigung geht, also um den sehr sensiblen Umgang mit den Angehörigen sowie um die hygienische Versorgung, beides Bereiche, die man ohne entsprechende Ausbildung und Qualifizierung gar nicht abdecken kann.

Zuletzt wies Hubing darauf hin, dass die Einführung der Meisterpflicht keine Nachteile für bereits bestehende Bestattungsunternehmen und Bestatter bringt, da es hierfür einen Bestandsschutz gibt. Die Meisterpflicht betrifft lediglich Neugründungen und Geschäftsübernahmen, so dass bestehende Unternehmen ebenfalls von der Meisterpflicht profitieren werden.

Patricia C. Borna bedankte sich dann herzlich bei allen und beendete die Pressekonferenz

Presse-Texte in kurzer und ausführlicher Version sowie Fotos zum Download finden Sie unter:

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